Volkszeitung für das Volk
Die Leipziger Volkszeitung, mitten im Zentrum der Stadt möchte einladend werden für Mitarbeiter:innen, Besucher:innen, Vorbeigehende – Nahbarkeit ist das Ziel. Das Verlagsgebäude mit ehemaliger Druckerei am Innenstadtring, am Startpunkt der Kneipenmeile Karl-Liebknecht-Straße, hatte bereits eine bewegte Vorgeschichte erlebt. In der letzten großen Umbaumaßnahme erhielt das Bestandsgebäude eine moderne Fassade. Davor entstand ein großer Vorplatz, der sich als „Hürde“ zwischen Straßenraum und Eingangsbereich darstellte. Das Foyer war zu Beginn des Projekts rein funktional ausgestattet mit Sicherheitsschleuse und Personal-Eingang. Ein großer, leerer Raum, durch die große Fassade zum Platz zwar von Tageslicht geflutet aber in den Abendstunden schlecht beleuchtet. Mit einer enormen Nachhallzeit hatte der Raum „den Charme einer Bahnhofshalle“.
Wie kann aus diesem bislang ungenutzten Raum ein Ort der Begegnung werden?
Wie können Dienstleistungen des Verlagshauses, die sich derzeit an unterschiedlichen Orten in der Stadt befinden, hier zur Attraktivität des Hauses beitragen?
Ein freundlicher Empfangsbereich für die Zugangskontrolle der Besucher, ein öffentliches kleines Café, ein Ticketshop – beide mit unterschiedlichem Publikumsverkehr, die Anzeigenaufgabe für die Tageszeitung, ein Medienshop der LVZ und informeller Treffpunkt für die Mitarbeiter:innen und Leser:innen – wie kann man an einem einzigen Ort eine solche Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen realisieren?
Wie kann der starke Bezug zur Leserschaft baulich unterstützt werden?
Wie transportiert man über Raumgestaltung die starke regionale Verbundenheit der LVZ mit Leipzig und Sachsen?
Wie können wir „Leben in die Bude“ bringen – und gleichzeitig zum Verweilen einladen?
Hinter dieser scheinbar organisatorischen, funktionalen und gestalterischen Aufgabe lag eine Reihe von Anforderungen, die sich bereits in den ersten Gesprächen erschlossen.
Wie kann in einer Phase der grundlegenden Veränderung der Medienwelt ein Medienhaus als Ort der Kommunikation Menschen zusammenbringen – unabhängig von Alter oder Medienvorlieben?
Wie kann sich das Foyer zu einem gemeinsamen Raum von Lesern und Mitarbeitenden entwickeln, welche Gewohnheiten müssen von beiden Seiten aufgebrochen werden?
Wie kann die LVZ heute schon Räume gestalten, die in die Zukunft hinein Wirkung entfalten?
Das Team der LVZ stellte sich mit hohem Engagement und Entdeckerfreude dem gemeinsamen Prozess.
Im Prozess waren alle gefragt – und das im Wortsinn.
Der Prozess: Am Anfang stand die Analyse – Welche Besucher wünscht Ihr Euch in den neuen Räumen? Welche Menschen mit welchem konkreten Anliegen erwartet Ihr? Wer sind Eure Gäste – und wie wollt Ihr sie empfangen? Welche Wege ergeben sich daraus? Und welcher Räume bedarf es?
Die Mitarbeitenden des LVZ-Teams konnten im gemeinsamen Gestaltungsworkshop die Anordnung der Bereiche erarbeiten, indem alle Zonen und deren Funktionalität zunächst auf Papier entstanden und dann zu einem sogenannten Idealfall zusammengelegt wurden: eine Art Probelayout auf dem Fußboden durch das man sogar durchlaufen konnte. Basierend auf den hier gewonnenen Erkenntnissen machten wir uns an die Konzeptentwicklung.
Das Konzept: Unter Berücksichtigung aller Bedürfnisse wurde eine exakt stimmige Gestaltungsgrundlage entwickelt und über Visualisierungen geprüft. Bedingt durch die Dichte der ganz unterschiedlichen Funktionen von Café über Ticketshop bis Anzeigenannahme und Reisebüro entschieden wir uns, die wesentlichen Einbauten als 1.1 Modelle bauen zu lassen. Das raumgreifende Mock-up aus Sperrholz machte die neuen Raumverhältnisse für das Team der LVZ erst greifbar und lieferte wertvolle Detailinformationen für die Realisierung.
Im Designprozess war die fast zweigeschossige Höhe des Raums eine besondere Herausforderung. Es galt, gestalterische Elemente zu entwickeln, die zwischen Mensch und Raumhöhe vermittelten.
Das Foyer der LVZ mit unkonventionellem Bodenbelag.
Im Zentrum entstand ein kleines Café für alle. Daneben sind Ticketshop und Medienshop mit einer umfangreichen Produktauslage und Verkaufstresen. Im hinteren Bereich des Raumes gibt es die Möglichkeit sich mit Anzeigenkunden zurückzuziehen.
Die Wahl der Materialien spannt einen Bogen zwischen dem „wertigen“ Gestaltungselement von Natureiche und dem „unkonventionellen“ Designbelag auf dem Boden. Besonderes Augenmerk galt der Verbesserung der Akustik. So wurden viele schallabsorbierende Flächen eingebracht: Wandpaneele, Teppichbelag und Loungemöbel. Entlang der Fassade sind viele Sofaecken entstanden. Sie laden sowohl Besucher wie auch Mitarbeiter zum Verweilen ein. Hier finden kleine Meetings, Interviews und unerwartete Begegnungen oder der verabredete „Kaffeeklatsch“ statt. Ein zentraler Hingucker sind die maßgefertigten Lichtskulpturen von dem Designer-Duo Baldauf und Lenk aus Leipzig.
Schon wenige Tage nach der Eröffnung waren alle Sitzplätze regelmäßig belegt und die Atmosphäre lebhaft. Mission erfüllt!
Es gibt eine Komplexität, die nur theoretisch nicht beherrschbar ist. Dabei hilft Ausprobieren und Testen, um die optimale Lösung zu realisieren.
Funktion, Nutzungsabläufe und Design können ideal zusammenwirken und in ein großes Ganzes gebracht werden.
Partizipation eröffnet den Lösungsraum für komplexe Aufgaben, insbesondere dann, wenn sich scheinbar wiedersprechende Anforderungen zunächst den Gestaltungsprozess erschweren.
Das Foyer ist ein Raum für alle – und damit das ideale Abbild der Diversität der Medienlandschaft mit Wirkung in den öffentlichen Raum.
Raumakustik ist bei multifunktional genutzten Raumkonzepten häufiger noch wichtiger als gute Beleuchtung.
Durch gezielt eingesetzte Gestaltungselemente können die Proportionen des Raums auf das menschliche Maß gebracht werden und so die Aufenthaltsqualität, die man sich fürs Verweilen wünscht, erzielt werden.
Quellen
© alle Fotos: Peter Eichler Fotografie