Deutschlands schönster Newsroom
Information und Aufklärung brauchen neben der wachsenden Macht der Bilder intelligente Texte, unabhängigen Journalismus, kluge Köpfe und ein regionales Korrektiv direkt am Puls des Geschehens. All das leisten die Journalist:innen und Reporter:innen der Leipziger Volkszeitung mit hohem Einsatz unter immensem Zeitdruck, sowohl für die gedruckte Zeitung, als auch für eine Vielzahl digitaler Beiträge täglich. Das Herzstück dieser Tätigkeit ist der Newsroom: Hier kommen alle Beiträge zu einem großen „cross-medialen“ Ganzen zusammen. Für das Unternehmen stellten sich viele Fragen:
Beengte Zellenstruktur. lange Flure, große Raumtiefen, schlechte Lichtsituation: Wie kann auf dieser Basis ein inspirierendes Umfeld entstehen?
Wie kann Architektur neue Arbeitsweisen, unterschiedlichen Kommunikationsbedarf der Ressorts und gegenläufige Zeitschienen abbilden, auffangen und fördern?
Wie können die Räume die erwünschte Transparenz und den Austausch zwischen den Ressorts erwirken?
Wie können externe Mitarbeiter gut im Geschehen andocken und gleichzeitig konzentrierte Arbeit ermöglicht werden?
Der Newsroom der LVZ brauchte eine neue Struktur – was unser Projekt zu einer Operation am offenen Herzen machte.
Wie kann die LVZ ein kreatives Umfeld bieten, das neue Kommunikationsstrukturen für alle Sparten wirksam unterstützt?
Wie wird die Arbeit im Newsroom in einigen Jahren aussehen und wie können wir das schon heute erlebbar machen und die Entwicklung unterstützen?
Die LVZ hat die Chance der Homeoffice-Phase genutzt, um ein gänzlich neues Konzept für die Gestaltung der zentralen Nachrichtenredaktion umzusetzen.
Entscheidend für den Erfolg des Projektes, war die Tatsache, dass bereits viele andere Bereiche im Haus in einem strukturierten Prozess umgebaut worden waren und es umfangreiche Erfahrung in der Zusammenarbeit der LVZ mit uns gab. So war die Ausgangslage eine positive Grundstimmung in der sich alle Beteiligten die „Operation am offenen Herzen“ vorstellen konnten.
Mitarbeiterpartizipation ist im Hause LVZ schon lange kein Fremdwort mehr, sondern Teil der gelebten Kultur. Eine ideale Voraussetzung, um das neue Konzept zielgerichtet zu entwickeln.
Der Prozess: Um ideale Räume zu bauen, ist es wichtig, sich ein Bild von der Kommunikationsstruktur zu machen. Im partizipatorisch organisierten Prozess mit dem Team der LVZ haben wir in konzentrierten Workshops die tatsächliche Bedarfslage ermittelt. Wer muss sich wann mit wem austauschen? Sehr schnell wurde klar: Für die ressortübergreifende Zusammenarbeit ist das Aufbrechen der räumlichen Strukturen der Schlüssel zu fruchtbarem, zeitgemäßem Journalismus, mit kurzen Wegen und Transparenz für die Beteiligten. Inhaltlich können so Themen besser platziert, eingesetzt und thematisch übergreifend ausgeweitet werden.
Partizipation im Workshop
Das Konzept: Nüchtern gesagt ermöglicht das neue Konzept die Schaffung von geeigneten Arbeitsplätzen für alle Redaktionsbereiche. Entstanden ist dabei eine inspirierende Verflechtung aller Redaktionen, die eine übergreifende Befruchtung der Sparten, Ressorts und Themen untereinander möglich macht und die Grenzen zwischen digitaler und gedruckter Zeitungswelt aufhebt.
Wie kann inmitten all der kreativen Vernetzung auch noch Raum für ungestörte Arbeit entstehen? Das Gleichgewicht zwischen den beiden Hauptanforderungen „Vernetzung“ und „Ungestörtes Arbeiten“ ist im neuen Newsroom gut ausbalanciert. Abgetrennte, aber transparente Räume zur konzentrierten Arbeit sind genauso Teil des Konzepts, wie Kollaborationsinseln und Besprechungs-/Kreativbereiche. Die Räume unterstützen das Zusammenwirken sehr unterschiedlicher Akteure zur Schaffung einer gemeinsamen Produktvielfalt.
Räumlich sind zwei Bereiche jeweils um einen großen Tisch definiert: Der rechteckige Redaktionstisch bietet Platz für alle Redakteure und Ressortleiter um täglich im Jour Fixe die Inhalte der Ausgaben zu planen. Herz des Newsrooms im benachbarten Großraum ist der ovale Produktionstisch mit Blick auf die zentralen Monitore, die den Fortschritt der Produktion beobachten lassen. Alle Arbeitsplätze der Produktion sind kreisförmig angeordnet, um jederzeit den Blickkontakt zum Produktionstisch halten zu können.
Oben: der ovale Produktionstisch mit Echtzeitdisplays. Unten: Der zentrale Redaktionstisch
Wie unterstützt der Newsroom mobiles Arbeiten? Die Journalist:innen sind zu jeder Tageszeit im Umland unterwegs, um dann im Newsroom zusammenzukommen und an einem der frei zugänglichen Arbeitsplätze zu schreiben, Bilder hochzuladen oder in einer der praktischen Telefonboxen ungestört Gespräche führen zu können.
Wie bleiben die Journalist:innen selbst auf dem Laufenden? Auf elektronischen Dashboards können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jederzeit sehen, welche Artikel online gerade gelesen werden und welche Zeit die Leser:innen darauf verwenden. „Ein wichtiges Instrument, das uns sehr hilft zu beurteilen, welche Themen für unsere Leser relevant sind“, erklärte der stellvertretende Chefredakteur André Böhmer.
Der Newsroom bietet alle Entwicklungsmöglichkeiten für die kommenden Jahre und deckt dabei ein breites Spektrum an Mediennutzung und Medienerstellung ab. Das öffnet für die Journalisten die Perspektive für eine zukunftsfähige Arbeitswelt.
In einer Redaktion sind alle Prozesse eng getaktet. Umso wichtiger sind kurze Wege und hohe Transparenz gepaart mit Arbeitsmöglichkeiten zu fokussierter, ungestörter Arbeit.
Der Planungs- und Bauprozess hat den, durch das Unternehmen geplanten Aufbruch der Ressortstrukturen unterstützt, in dem Verflechtung, Verbindung und Austausch zwischen den Ressorts im Fokus standen.
Partizipation hilft Zukunftsperspektiven nicht nur für die Räume entstehen zu lassen.
Wenn Partizipation bereits ein gelebter Teil der Unternehmenskultur ist, sind mögliche Widerstände gegenüber einer Veränderung schnell abgebaut.
Raum und Kultur stehen bei jeder Veränderung in einem engen Zusammenhang.
Mehr Ambiente statt nur Großraum: gleichzeitige Realisierung von funktional, konzentriert, kommunikativ und gemütlich, für alle Bedürfnisse eine geeignete Zone.
Quellen
© alle Fotos: Peter Eichler Fotografie