Das 1.000 qm-Experiment
Der Mensch steht für Fielmann im Mittelpunkt ihres Handelns. Was viele von sich behaupten, ist für den Brillen-Pionier aus dem Norden Deutschlands tatsächliche Unternehmens-DNA. Und so wird auch in der Hamburger Verwaltungszentrale gehandelt.
Wie wird der geplante Umbau der Zentrale, ein Gebäude mit klassischer Zellenstruktur und langen dunklen Fluren zu einem Mensch-zentrierten Zukunftsprojekt?
Wie kann die ehemalige Gummistiefelfabrik ihr ungehobenes Raumpotential entfalten?
Wie kann das Traditionsunternehmen junge Talente anziehen?
und ganz konkret am Beispiel der IT-Abteilung: Welche Räume brauchen dynamische IT-Teams, die ihre Arbeitsweise positiv unterstützt?
Wie nimmt man Teams (wirklich!) mit in eine neue Arbeitswelt?
Wie kann Fielmann neue Strukturen unter den realen Bedingungen des Arbeitsalltags austesten?
Wie kann das Unternehmen eine wirkliche Testumgebung schaffen, in der sich Mitarbeitende an neue Flächen herantasten, mitentwickeln, ausprobieren und wieder verwerfen dürfen, was nicht funktioniert?
Wie lassen sich die Erkenntnisse aus der Testfläche für den Gesamtumbau der Firmenzentrale skalieren?
Fielmann hat seine eigene Philosophie ganz wörtlich genommen, die Mitarbeitenden in den Fokus gestellt und ein Pilotprojekt für neue Arbeitsflächen realisiert.
Der Prozess: 1.000 qm Fläche – wie wird daraus eine ideale Testumgebung für alle Mitarbeitenden? Welche Nutzertypen gibt es? Was sagt die Tätigkeitsanalyse über den Raumbedarf aus? Wie kann man Kommunikationsflächen für agilen Austausch mit Fokusräumen verbinden? Wie funktioniert dabei Desksharing? Wie sorgt man dabei für innere Akzeptanz seitens der Teams? Mit diesen Fragen haben wir uns gemeinsam mit den Mitarbeitenden in einem ersten Prozessschritt beschäftigt.
Auch dieser Schritt gehörte zum Experiment: Durch das Einbinden der Mitarbeitenden entsteht ein fließender Prozess der Identifikation: mein Input formt die Arbeitswelt. Wenn etwas nicht passt, stehe auch ich in der Verantwortung. Gleichzeitig werden Strukturen der Arbeit sichtbar, prüfbar und wandelbar.
Das Konzept: Die neue, offene Raumstruktur schafft Platz für Kollaboration, Interaktion und Vernetzung. Gleichzeitig ist der schnelle Wechsel zu konzentriertem Arbeiten nahtlos möglich durch die ruhigen Fokusräume in der neu geschaffenen Mittelzone. Damit wird Desksharing nicht zum ungeliebten Effizienzmodell, sondern schafft Möglichkeiten, sich entsprechend der Tätigkeit einen geeigneten Arbeitsplatz zu suchen. Flexibilität wird somit intrinsisch motiviert. Die Fielmann Teams erhalten statt limitierter Ressourcen eine individuell nutzbare Arbeitswelt.
Kern dieser Arbeitswelt ist die neue Teeküche: Was ist ein Unternehmen ohne seine „Agora“ – dem Marktplatz, Fläche für Austausch, geplante oder zufällige Begegenungen? Die integrierte Sitztreppe der Teeküche aus natürlichen Materialien schafft die Basis für formlose Gespräche genauso, wie für All-Hands Meetings und abteilungsübergreifende Zusammenkünfte.
Was hat Fielmann noch getestet?
Telefonbox in der Testumgebung bei Fielmann.
Testläufe bei Fielmann: Wie gut sind Telefonboxen? Fielmann hat aktuell 4 Telefonboxen unterschiedlicher Konfiguration und Hersteller im Einsatz. Welche bietet die beste Ausführung hinsichtlich Schallschutz, Licht und Lüftung? Welche findet bei den Mitarbeitenden den besten Anklang?
Wie gelingt Schallschutz trotz Transparenz? Die Besprechungsräume der Mittelzone wurden mit unterschiedlichen Glaswandsystemen realisiert. Um deren Wirksamkeit zu testen und die tatsächlichen Anforderungen für zukünftige Flächen zu definieren.
Wie fördert Raum kreative Teamarbeit? Der neue Projektraum mit beschreibbaren Wänden und anregendem Farbkonzept schafft den Rahmen für Brainstorming und kreativem Denken.
Wohin mit privaten Gegenständen beim Desksharing? Auf Grund der Clean-Desk-Policy wurden keine Rollcontainer am Arbeitsplatz vorgesehen. Statt dessen bekommt jeder Nutzer der Testfläche sein eigenes Schließfach. Design und Konzept unterstützen dabei subtil den Effekt von „Trainingsumgebung“.
Ein Experiment für die Zukunft. Wenn Partizipation neue Räume eröffnet.
Die Akzeptanz von Desksharing steigt, wenn die Chancen für ein tätigkeitsbezogenes Arbeiten gesehen werden.
Nutzererfahrung kann direkt in den Planungsprozess einfließen und spart somit wertvolle Ressourcen.
Am Ende des Prozesses im Pilotprojekt steht die Auswertung und die Aufarbeitung der Erkenntnisse als eigener Meilenstein.
Ein Pilotprojekt für den Raum schafft für alle Beteiligten breite Erkenntnisse über innere Prozesse und ist Startpunkt für agile Strukturen, die angenommen werden.
Partizipation lässt Widerstände schwinden und schafft aus sich heraus Flexibilität und Entdeckerfreude.
Ein Forschungsprojekt für neue Arbeitsweisen wirkt in alle Unternehmensbereiche hinein.
Flexible Arbeitsplatzwahl via Desksharing wird dann gern angenommen, wenn gleichzeitig die Auswahl an möglichen Arbeitszonen steigt: Fokusraum, Projektraum, Meetingraum.
Wesentliches Qualitätsmerkmal der offenen Architektur ist ein funktionierender Schallschutz.
Quellen
© alle Bilder: Klaus Michelmann, Lindner-Group